Schematische Darstellung eines Insektenwalls (Beetle Bank) auf landwirtschaftlicher Fläche. Der bepflanzte Wall verlangsamt den Wasserabfluss und fördert die Biodiversität. Dahinter kann sich ein Rückhaltebecken bilden, das Erosion verringert und Wasser speichert. Eine zusätzliche flache Vegetationsbarriere kann den Effekt verstärken. | Das Bild kann für redaktionelle Zwecke unter Angabe der Quelle verwendet werden. | Quelle: © Marvin Melzer / ZALF.

Insektenwälle: Neues Tool modelliert, wo bepflanzte Wälle auf Äckern Erosion verhindern und Wasser zurückhalten

Ein schmaler Erdwall am Hang kann vor Erosion schützen – wenn er an der richtigen Stelle steht. Diese sogenannten Insektenwälle werden auf landwirtschaftlichen Flächen angelegt, sind circa einen halben Meter hoch und meist mit heimischen Wildkräutern und Gräsern bewachsen. Sie bremsen nicht nur den Wasserabfluss und reduzieren Erosion, sondern bieten auch Nützlingen wie beispielsweise Laufkäfern Schutz. Damit sie wirksam sind, müssen sie an den richtigen Stellen platziert werden. Forschende des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) haben ein digitales Werkzeug entwickelt, mit der sich geeignete Standorte für Insektenwälle ermitteln lassen. Die auf Modellierung basierenden Ergebnisse sollen nun erstmals in die Praxis kommen: Auf Testflächen in Bayern werden ab 2026 Insektenwälle angelegt und deren Wirkung untersucht.

Insektenwälle werden quer zum Hang angelegt, um Wasser zurückzuhalten, Erosion zu verhindern und Lebensraum für Insekten zu schaffen. Die Forschungsergebnisse zeigen: Ihre Wirkung hängt stark von der Platzierung ab. Falsch gesetzte Wälle können Erosion sogar verstärken. Das neue digitale Werkzeug wurde im Rahmen des Projektes Digitales Wissens- und Informationssystem für die Landwirtschaft (DAKIS) entwickelt. Es analysiert nicht nur das Gelände, sondern berücksichtigt auch die Fahrspurplanung und den Maschineneinsatz.

Marvin Melzer (links) im Austausch mit einem Kollegen vor einem Insektenwall. Quelle: © Olivia Spykman / LfL.

Die neue Methode bringt zwei wesentliche Neuerungen für die landwirtschaftliche Praxis

Ein zentraler Aspekt ist die Berücksichtigung der Fahrspurplanung in Verbindung mit einem detaillierten Geländemodell. Bisher optimiert Agrarsoftware Fahrspuren vor allem anhand der Feldform und -grenzen, um Zeit und Treibstoff einzusparen. Die Hangneigung bleibt dabei meist unberücksichtigt, obwohl Fahrspuren entlang eines Hangs die Erosion sogar verstärken können. Das neue Modell integriert hochaufgelöste digitale Geländedaten mit einer Auflösung von einem Meter und schlägt Fahrspuren für eine Bewirtschaftung quer zum Hang vor – allerdings nur dort, wo dies mit den praktischen Anforderungen in der Landwirtschaft vereinbar ist. 

Zusätzlich ermöglicht die Methode die gezielte Integration von Insektenwällen als Schutzmaßnahme. Bestehende Modelle platzieren Agrarumweltmaßnahmen wie Blüh- oder Erosionsschutzstreifen in der Regel nur an Feldrändern. Insektenwälle hingegen sollten möglichst mittig im Feld angelegt werden, was jedoch ihre Umfahrung durch Landmaschinen erschwert. Das Modell berechnet daher, wie sich die Wälle optimal in die Fahrspurplanung einfügen lassen, sodass sie umfahren werden können. Eine Höhenprofilanalyse ermittelt zudem, an welchen Stellen die Wälle Wasser sinnvoll in der Fläche zurückhalten. 

Mit diesem Ansatz erhoffen sich die Forschenden zusätzliche Effekte für den Landschaftswasserhaushalt. „Bei Starkregen soll Wasser auf den Flächen bleiben und später die Pflanzen versorgen. Weniger Nährstoffe und Pflanzenschutzmittel landen im Gewässer und Siedlungen könnten besser vor Hochwasser geschützt werden“, erklärt Marvin Melzer vom ZALF, Erstautor der Studie und Forscher im DAKIS-Projekt. 

Wasserabfluss simuliert – Platzierung entscheidet über Erfolg

Für die Studie wurde modelliert, wie sich der Wasserabfluss in der Landschaft auf unterschiedliche Wallhöhen (40 cm, 50 cm) auswirkt. Die Simulation zeigt: Gut geplante Insektenwälle lenken Wasser kontrolliert um und schützen hangabwärts gelegene Ackerflächen zuverlässig vor Erosion. „Die neue Methode könnte in die Software namhafter Landmaschinenhersteller zur Fahrspurplanung integriert werden. Landwirtinnen und Landwirte erhalten ein Werkzeug, das Fahrspurplanung, Erosionsschutz und Artenvielfalt verbindet – ohne großen Mehraufwand in der Bewirtschaftung“, erklärt Marvin Melzer.

Nächster Schritt: Umsetzung in der Praxis 

Bisher wurden die Erkenntnisse der Studie ausschließlich modelliert, doch das soll sich nun ändern. In der zweiten Förderphase des DAKIS-Projekts (DAKIS2) ist geplant, die digitale Methode erstmals in der Praxis zu testen. Dabei werden in Bayern, zusammen mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und gemeinsam mit Landwirtinnen und Landwirten, gezielt Insektenwälle angelegt, deren Standort und Gestaltung auf den Modellberechnungen basieren. Die Forschenden werden dabei nicht nur untersuchen, ob die digitale Planung die erhofften Effekte auf Wasserrückhalt und Erosionsschutz erzielen, sondern auch, wie sich die Maßnahmen langfristig in den landwirtschaftlichen Alltag integrieren lassen.

Fördermöglichkeiten für landwirtschaftliche Betriebe 

Das digitale Werkzeug könnte dazu beitragen, Agrarförderungen gezielter an ökologisch wirksame Maßnahmen zu koppeln. Derzeit honorieren viele Agrarumweltprogramme Maßnahmen hauptsächlich nach ihrer Flächengröße, ohne die tatsächliche ökologische Wirksamkeit zu berücksichtigen. Insektenwälle können zwar bereits im Rahmen von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) in bestimmten Regionen, wie beispielsweise in Bayern, gefördert werden, jedoch sind die Fördermöglichkeiten in Deutschland je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Während einige Programme Maßnahmen zum Erosionsschutz oder die Förderung von Nützlingen unterstützen, gibt es bislang keine gezielte Prämie für Insektenwälle. Das neue Modell zeigt, wo sie den größten Effekt auf Erosionsschutz, Wasserrückhalt und Biodiversität haben können. Damit könnten Fördergelder künftig verstärkt in messbar effektive Maßnahmen fließen und Landwirtinnen und Landwirte gezielt bei der Umsetzung nachhaltiger Schutzmaßnahmen unterstützt werden.

Projektpartner

  • Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)
  • Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft 

Förderhinweis

​Diese Arbeit entstand im Rahmen des Projekts „Digital Agricultural Knowledge and Information System“ (DAKIS, Förderkennzeichen: FKZ 031B0729A), finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Der Beitrag von Olivia Spykman wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (Förderkennzeichen A/21/17) gefördert.

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